Geschichte des Kasernengeländes
ehemalige Kaserne der Preußischen Armee mit verschiedenen nachgewiesenen Namen:
- Upstall-Kaserne
- Garde-Dragoner-Kaserne
- Dragonerkaserne
Zuletzt Standort des
1. Garde-Dragoner-Regiment [Kavallerie] Königin Viktoria von Großbritannien und Irland
Der heutige Standort Mehringdamm Ecke Obentrautstraße hatte im Laufe der Zeit folgende Straßennamen:
- Belle-Alliance-Straße Ecke Teltower Straße
- Tempelhofer- Ecke Mühlenstraße.
Der alte Upstall
Ethymologie
Da der Begriff Upstall heutzutage nicht mehr gebräuchlich und wenig bekannt ist, wird er beim ersten Lesen meist englisch ausgesprochen: [ʌpstɔːl]
Upstall ist nach wie vor ein deutscher Begriff und wird mit einem kurzen, offenen u wie in um und dem stimmlosen sch wie in Stall gesprochen: [ụpʃtal]
‚Das Wort Upstall ist flämisch-brabantischen Ursprungs und wird als eingezäuntes Flurstück übersetzt, das die Dorfgemeinschaft als gemeinsames Weidegebiet, die sogenannte Allmende, nutzte.‘
Hajo van Lengen [Hrsg.]:Die Friesische Freiheit des Mittelalters – Leben und Legende, S. 424, Verlag Ostfriesische Landschaft, 2003
Es war ursprünglich weit verbreitet und ist auf vielen alten Karten, in der Literatur und noch als Straßenname zu finden, z.B. in Berlin-Mariendorf als Upstallweg. Wikipedia führt die Begriffserklärung weiter aus und zitiert sogar eine historische Quelle, die sich direkt auf das Areal vor dem „Halleschen Thore“ bezieht.
Der Standort
Und hier ist sie neu gebaut worden, als es innerhalb der Berliner Akzisemauer zu eng wurde [siehe dazu auch die folgenden Karten [1846|1863]:
Auf dem untenstehenden Gemälde ist der Upstall als Allmende oder Viehweide der Tempelhofer Bauern in Blickrichtung Süden dargestellt. Im Bildhintergrund die Tempelhofer Berge [rechts der noch unbebaute Kreuzberg] und die Dorfkirche Tempelhof [Bildmitte, im Hintergrund].
Friedrich Wilhelm Schaub | Berlin ‚Upstall unterhalb der Tempelhofer Berge‘ | 1780
© Jüdisches Museum Berlin
Ziemlich genau zur selben Zeit der Blick gen Norden, von den Tempelhofer Bergen nach Berlin:
Link zum Bild
Johann Friedrich Fechhelm | ‚Berlin, vom Tempelhofer Berg aus gesehen‘ | 1781
Oberhalb der Bildmitte, unterhalb des hellen Kasernenbaus am Halleschen Tor, links neben den Baumreihen des Tempelhofer Weges:
Der künftige Standort der Upstall- oder Dragonerkaserne.
Noch weiter zurückgeschaut ergibt sich folgende Situation:
Ausschnitt aus dem La Vigne Plan von 1685 zu Zeiten des Kurfürsten Friedrich III., später König Friedrich I.
Der La Vigne Plan ist eine der raren Quellen, die das Berliner Umland abbilden.
Mit den rosafarbenen Feldern haben wir Flächen direkt im Plan hervorgehoben, die blauen Kasernenareale sind einem Plan von 1863 entnommen und maßstabgerecht hineinkopiert.
© Zentral- und Landesbibliothek Berlin
L = Leipziger Tor
zwischen L und MH die Leipziger Vorstadt
MH = Lustschloss und -garten Meindershausen [in der Kartenlegende als Heidekampsgarten bezeichnet] am damaligen Floß- oder Schafgraben, heute Mehringplatz/Hallesches Tor und Landwehrkanal
CW = Churfürstliche Weinberge [in der Karte links der heutige Kreuzberg]
CH = Churfürstlicher Hopfengarten, später u.a. auch Küchengarten oder Königlich-Botanischer Garten an der heutigen Potsdamer Straße zwischen Pallas- und Grunewaldstraße. Hier stehen heute die Königskolonnaden, die früher die Königstraße vor der Königsbrücke über den Berliner Festungsgraben flankierten [Rathausstraße am Bahnhof Alexanderplatz].
Die Upstall- oder Dragonerkaserne findet sich, auf die historische Geländelage bezogen, also in einer Art ‘Churfürstlichem Trigon‘ aus herrschaftlichem Lustschloss, Weinberg und Hopfengarten wieder.
Mit den blauen Ziffern verweist Upstall Kreuzberg auf eine andere Besonderheit:
Die drei Kasernen sind in der Reihenfolge der Ziffern mitte des 19. Jahrhunderts als die ersten Kasernen in der Geschichte der Berliner Zoll- oder Akzisemauer ausserhalb dieser erbaut worden, da es in der Stadt zu eng wurde. Sowohl Ulanen-(1) als auch Garde-Füsilier-Kaserne(2) wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und die Ruinen später abgeräumt.
Somit ist die Garde-Dragoner-Kaserne das älteste Zeugnis dieser neuen Epoche in der Stadtentwicklung Berlins.
1860 wurde die Akzisemauer per Dekret aufgehoben. Zwischen 1867 und 1870 wurde sie mit fast allen Toren abgerissen.
Das burgähnliche Gebäude für die Soldatenunterkünfte der Dragonerkaserne scheint die perfekte Symbiose aus der Ulanen- und der Garde-Füsellier-Kaserne zu verkörpern. In der Charakteristik eher angelehnt an den Entwurf F.A. Stülers für die Ulanenkaserne aus gelben Backsteinen [Tudorstil des Schlosses Babelsberg, nur mit romanischen Bögen], in der Fassadengestaltung gleich der Füsilierkaserne mit Putzquadern.
links: Kaserne des 2. Garde-Ulanen Regiments [Abriss nach Kriegsschäden. Heute befindet sich hier eine Wohnbebauung an der Invalidenstraße zwischen Lehrter Straße und Alt-Moabit]
rechts: Garde-Füslillier-Kaserne an der Chaussestraße auf dem heutigen BND-Gelände, auf dem zu DDR-Zeiten das Stadion der Weltjugend stand.
Fotos: privat
Nun zur besseren Übersicht vor der folgenden ausführlichen Chronologie der Umzug der Kaserne vor die Tore Berlins, verdeutlicht anhand zweier Landkarten von 1846 und 1863:
Ausschnitt aus den Karten B 54/1846/2 und B 54/1863/1
Historische Berliner Stadtkarten
© Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Vollständige Chronologie
1767
Bau einer Infanteriekaserne im zuge der Armeevergrößerung unter Friedrich II
‚Für das Möllendorfsche Regiment [Infanterieregiment Nr. 25] wird eine Kaserne errichtet, die zeitweise auch das 1. Dragoner-Regiment beherbergt. Ihretwegen rückt man die Stadtmauer […] über den dicht vor dem Tor fliessenden Landwehrgraben hinaus.‘
[Zschocke, Helmut | Die Berliner Akzisemauer, Die vorletzte Mauer der Stadt | 2007, Berlin Story Verlag]
Plan von Berlin um 1800, in dem die Möllendorf Kaserne verzeichnet ist.
© Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Von der Gründung des Garde-Dragoner-Regiments 1818 durch König Friedrich-Wilhelm III bis zum Abriss des zu klein gewordenen Casernements wurden Mannschaftsquartier und Offizierspferdeställe hier untergebracht.
Zeichnung aus Geschichte des 1. Garde-Dragoner-Regiments | Hans von Rohr | 1880
© Zentral- und Landesbibliothek Berlin
1847
Auftrag an den Geheimen Oberbaurat Fleischinger und Baumeister Drewitz zum Bau einer neuen Kaserne.
Der Militärfiskus erwirbt den nördlichen Teil des ehemaligen Upstalls von den Tempelhofer Bauern, da das direkt südlich an den Schafgraben anschliessende Areal von der Plamannschen Erziehungsanstalt genutz wird. Deren bekanntester Schüler ist Bismarck.
1848
Kaserne wird beim Ausbau des Schafgrabens zum Landwehrkanal abgerissen und das Regiment auf in der Stadt liegende Standorte verteilt.
Zeichnung aus Geschichte des 1. Garde-Dragoner-Regiments | Hans von Rohr | 1880
© Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Doch der Neubau der Kaserne kann nicht beginnen. Drewitz schreibt 1855 in der Zeitschrift für Bauwesen:
‚Die bezüglichen Ausarbeitungen, bestehend in Bauzeichnungen und speziellen Kostenanschlägen, gelangten auch zu Anfang des Jahres 1848 zur Superrevision an die betreffende Ministerial-Instanz, als die März-Ereignisse hindernd dazwischen traten und das ganze Bauproject aufgegeben werden musste.‘
März 1848
Während der Berliner März-Revolution wurden Truppen gegen die Bevölkerung eingesetzt. Daher hatte es bei der Mobilisierung der Landwehr mit einer Mehrzahl an Wehrpflichtigen Schwierigkeiten gegeben. Die königstreuen Garde-Regimenter aber konnten mit mehreren Hundert an berittenen Soldaten die Aufständischen zum Schlossplatz abdrängen. Eine 40-60 Mann starke Wachkompanie besetzte am 19. März 1848 das Hallesche Tor.
Monarchie und Adel zogen rasch die Konsequenzen. Die Stärkung des stehende Heeres gegenüber der erst bei Bedarf mobiliserten Landwehr hatte nun oberste Priorität. So wurde der Plan zum Neubau der Kaserne auf dem Tempelhofer Upstall weiterverfolgt.
1850
Deckblatt der ersten Bauakte im Bauarchiv des Rathauses Kreuzberg. Hier ist noch der ursprüngliche Name der Kaserne verezichnet: Kaserne am Uppstall, später auch Upstall-Kaserne
1850-52
‚Es wurde daher zu Anfang des Jahres 1850 verfügt, auf dem sogenannten Upstall eine Caserne für ein Batallion zu errichten, die, falls es die Umstände erheischen sollten, auch zu einer Caserne für Cavallerie zu benutzen sei. Auf Grund dieser Bestimmung geschah die Ausarbeitung eines neuen Projects; bald darauf begann die Ausführung dieses Baues, der noch in demselben Jahre bis zur Höhe des Kellergeschosses geführt werden konnte. Die Vollendung des Rohbaues gedachter Caserne […] geschah demnächst im Jahre 1851 und im darauffolgenden Jahre konnte der innere Ausbau vollendet werden […].‘
[Quelle: Zeitschrift für Bauwesen, 1855]
Eine der seltenen Karten um 1852, die genau den Zeitpunkt dokumentieren, als nur das Gebäude für die Soldatenunterkünfte errichtet war [blauer Kreis]
© Staatsbibliothek Berlin | Kartenabteilung
1853
Einzug des ersten Bataillons des Leib-Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm III Nr. 8
1853-55
Anlage von Reitbahn und Stallungen für das Dragoner-Regiment
Bauzeichnungen | Zeitschrift für Bauwesen, 1855
Diese Zeichnung um 1898 ist zwar jüngeren Datums, verdeutlicht aber gut die Gesamtanlage.
Kaserne Tempelhofer Straße [Upstall] 1898
G.-Michael Dürre, Die steinerne Garnision – Berlins Militärbauten
Selbstverlag des Autors, Berlin 2001, Vertrieb durch G.-Michael Dürre
© Selbstverlag des Autors
Im September bezieht das Garde-Dragoner-Regiment, das zu den Eilten des preußischen Militärs zählte, den Bau. Jede der vier Eskadronen [pro Eskadron zwischen 100 und 150 Soldaten] wird einer der vier Stallriegel für die insgesamt 676 Pferde zugeteilt. 515 Soldaten und 4 Offiziere finden im Mannschaftsgebäude Platz
Der mittlere Hof diente als Fussexerzierplatz, die Höfe im Norden und Süden als Reitübungsplätze und Springgärten.
Zeichnung von G. Krickel aus Geschichte des 1. Garde-Dragoner-Regiments | Hans von Rohr | 1880
Krickel bemüht sich sichtlich, in der großen Ausdehnung des Hofes sowohl die Exerzierübungen detailliert darzustellen als auch die architektonischen Charakteristika der Bauten widerzugeben. Während rechts der Mittelrisalit und Durchgang des 2. Stallriegels zu erkennen ist, hat er links bereits den Koppfbau des 3. Stallriegels in das Bild gerückt. Rechts hinter der Reithalle sind die Silhouetten der Bebauung an Obentraut- und Großbeerenstraße dargestellt.
© Zentral- und Landesbibliothek Berlin
1859
Zeichnung einer Straßenszenerie
‚Kaserne des Königl. Preuß. Garde-Dragoner Regiments‘ | Verlag A.W. Hayn, Berlin
© Initiative Upstall Kreuzberg
1861
Eingemeindung der Tempelhofer Vorstadt, in der die Kaserne liegt, nach Berlin.
1870/71
Nutzung der Kaserne während des Krieges als Lazarett.
1871
Festschmuck vor dem Kasernenportal zum Einzug des Regiments aus dem Deutsch-Französischen Krieg am 16. Juni.
Zeichnung von G. Krickel aus Geschichte des 1. Garde-Dragoner-Regiments | Hans von Rohr | 1880
© Zentral- und Landesbibliothek Berlin
1889
Bau einer 2. Reithalle und Umbau unter Garnison-Bauinspector Bohm
Bauplan aus dem Jahr 1889, Bauaktenkammer Friedrichshain-Kreuzberg, Ortsteil Kreuzberg
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
1899
Bau der neuen Schmiede
Bauplan aus dem Jahr 1899, Bauaktenkammer Friedrichshain-Kreuzberg, Ortsteil Kreuzberg
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
1900
©Landesbildstelle
1909
Bau der ‚Offizier-Speiseanstalt‘ direkt angrenzend an das Hauptgebäude für die Soldatenunterkünfte
Bauplan aus dem Jahr 1909, Bauaktenkammer Friedrichshain-Kreuzberg, Ortsteil Kreuzberg
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
1910
In dem Wettbewerbsentwurf für Gross-Berlin von Hermann Jansen ist vorgesehen, das große Kasernenareal mit der Anlage von neuen Straßen für den Wohnungsbau zu erschließen sowie zugunsten städtischer Verkehrsachsen passierbar zu machen.
Zwei Jahre später wird die Verlängerung der Lankwitzstraße [heute Ruhlsdorfer Straße] beschlossen.
Ausschnitt aus Übersichtsplan Inv.-Nr. 20513
Wettbewerb Gross-Berlin 1910, Hermann Jansen
Architekturmuseum in der Universitätsblbliothek
© Technische Universität Berlin
1912
Am 31.03.1912 werden die Fluchtlinien des Straßenlands der verlängerten Lanwitzstraße [heute Ruhlsdorfer Straße] festgesetzt.
1913
Bau eines zusätzlichen Pferdestalls für 33 weitere Pferde. Obwohl der Bau auf geplantem Straßenland läge, wurde er genehmigt und ausgeführt.
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
1913
Gruppenbild mit Wilhelm II und George V vor der Hofterrasse des Casinos [‚Offizier-Speiseanstalt‘] der Dragonerkaserne im Rahmen der Feierlichkeiten zur Hochzeit der Kaisertochter Viktoria Luise von Preußen.
George V ‚wünschte Gefechtsübungen des 1. Garde-Dragoner-Regiments […] auf dem Tempelhofer Feld zu besichtigen.‚ Am folgenden Tag besuchen W. und G. die Kaserne an der Belle-Alliance-Straße.
1915
Aus dem Heft 2 der Berliner Architekturwelt von 1915:
„
Die Tage der Kaserne sind gezählt.
‚Die Stadt will die Straßeneinteilung in der Belle-Alliancestraße, unter Fortfall der Vorgärten, würdiger dieser Hauptausfallstraße und praktischer gestalten. Nur schade, daß dabei nicht die Bauflucht der Dragonerkaserne weiter nach vorne gelegt wird.
Der Vorsprung der Flucht, an der Stelle des alten Bellealliancetheaters, wo zurzeit ein großes Geschäftshaus errichtet wird, ist völlig unmotiviert und äußerst häßlich. Konnte nicht eine neue Bauflucht gleich mit der veränderten Straßeneinteilung von der Stadt beim König in Vorschlag gebracht werden?
Die Tage der Kaserne sind gezählt. Bei der Aufschließung des Terrains könnte die Stadt ihr Vorland von der alten bis zur neuen Baufluchtlinie sehr wohl nutzbringend wieder abstoßen. Es ist dringend zu wünschen, daß hier noch Wandel geschaffen wird. Den Rücksprung an dem neuen Geschäftshaus würde der neue Besitzer wohl schließlich noch nutzbringend bebauen und damit die häßliche Lücke beseitigen können.
Die Stadt will den Monumentalbau, den sie aus Anlass des Regierungsjubiläums unseres Kaisers unmittelbar hinter der Universität errichten wird, einem Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht zur Verfügung stellen.‘
1914-18
Der 1. Weltkrieg verhindert die Umsetzung der Planungen. Die Verlängerung der Lankwitzer Straße wird erst 1949 aufgegeben.
1919
Nutzung des Kasernenareals bei der Niederschlagung des Januaraufstandes. [sogenannter Spartakusaufstand]
“Nach einer Attacke und zweistündigen Artilleriebeschuss durch das Regiment Potsdam ergab sich die Besatzung des „Vorwärts“ am Vormittag des 11. Januar 1919. 7 Parlamentäre wurden kurze Zeit später in der Dragonerkaserne in der Belle-Alliance-Str. von Soldaten erschossen. Die übrigen etwa 300 Man zählende Besatzung wurde unter Misshandlungen ebenfalls in die Dragonerkaserne gebracht.“
Quelle: Bundesarchiv Fotos online
1920
Garage in der zweiten Reithalle für Entente-Wagen [Fuhrpark der Alliierten Kontrollkommission]…
„Zeichnung zur vorübergehenden Unterbringung von Kraftfahrzeugen der Entente im Neuen Reithaus Berlin“
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
… und dazugehöriges Büro sowie Aufenthaltsraum.
„Zeichnung zum Einbau eines Büro- und Wohlfahtsraumes im alten Reithaus, jetzt Kraftwagenraum der Alliierten Kommision“
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
1920er Jahre
Ein seltenes Bild der Rückseite des Gebäudes am Mehringdamm [Inflationszeit]
© Landesbildstelle
1921
Übergabe der rückwärtigen Teile [Stallgebäude, Reithallen, Nebengebäude] an Hans Engels mit seiner Kohlen-Großhandlung, der die ehemalige Kaserne in einen Gewerbehof umwandelte. Für das Geschäft am neuen Standort gründete er die Translag Großgaragen GmbH.
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
Nordseite des ehemaligen Kasernengeländes an der Teltower Straße [heute Obentrautstraße]
Foto oben: Waschhalle von Osten, 1938
Michael Thomas Röblitz , Berlin-Kreuzberg, Impressionen aus alter Zeit
Die Reihe Archivbilder, S. 85 | Sutton Verlag 2009
© Sutton Verlag
1922
Auszug aus der Begründung zur Versagung der Zustimmung zur Baugenehmigung von drei beantragten Projekten der Firma Hans Engels aufgrund §11 Fluchtliniengesetz, da sich die Gebäudeteile auf dem geplanten Straßenland der verlängerten Lankwitzstraße befinden:
Quelle: Bauaktenarchiv Friedrichshain-Kreuzberg
1923
Finanzamt Kreuzberg nutzt das Kasernengebäude
1926
Abriss der ‚Offizier-Speiseanstalt‘, um Platz für den Neubau des Rheinlandhauses zu schaffen
Ausschnitt Postkarte, undatiert
© Landesbildstelle
1927
Bau des Rheinlandhauses [Rheinland AG, Tochterfirma der Translag] im Stil der Neuen Sachlichkeit auf der Fläche der ehemaligen Offiziersgärten
Architekten Ludwig Hilbersheimer und Heinrich Kosina
1928
Eintragung des persönlichen Vorkaufsrechts der Geschäftsführer
1928
Luftbild
Das Rheinlandhaus steht, ebenso wie die ersten Garagen auf dem südlichen Exerzierplatz und der Neubau im Hof des Bezirksamts. Dieser nimmt den Straßenverlauf der geplanten Verlängerung der Lankwitzer Straße [Baruther Straße] vorweg, der sich auf dem Teilstück westlich vor dem Gebäude bereits abzeichnet.
Die Großgaragen entlang der Gebäudebrandwände an der Teltower Straße [Obentrautstraße] und der westlichen Grundstücksgrenze sind noch nicht errichtet.
Screenshot Berliner Morgenpost online
© Berliner Morgenpost
1938/39
Einige auf dem Gelände untergebrachten Firmen müssen von jüdischen Eigentümern unter Zwang verkauft werden.
1939-44
Folgende Firmen beschäftigten Zwangsarbeiter auf dem ehemaligen Kasernengelände:
Adlerwerke AG
Karosserie Luisenstadt GmbH
Deutsche Benzinuhren GmbH
Ausserdem befand sich hier ein Zwangsarbeiterlager, in dem zeitweise bis über 100 Menschen leben mussten. Nach einigen Quellen mussten sie für die Adlerwerke, nach anderen für Dr. Hans Engels [Inhaber des Generalpächters Translag Großgaragen GmbH] arbeiten.
[Quelle: Tagesspiegel]
1945
Kriegsschäden
Bei dieser Luftaufnahme lässt sich sowohl erkennen, welche Gebäudeteile des Kaserenenensembles zerstört wurden, als auch rekonstruieren, welche Erweiterungsbauten nach 1919 tatsächlich errichtet wurden. So weist der nördliche Exerzierhof keine Spuren von Bebauung auf, während sie auf dem südlichen Exerzierhof deutlich sichtbar sind.
Screenshot Berliner Morgenpost online
© Berliner Morgenpost
1950er Jahre
Briefkopf ab Ende der 50er Jahre.
‚Nach der Schließung der Kaserne entwickelte sich das Areal als wichtiger Standort der Automobilität‘
[Eberhard Elfert, Historiker]
Abbildung aus dem Bauaktenarchiv Rathaus Kreuzberg
1953
Denkmalschutz für Soldatenunterkünfte [heutiges Finanzamt Kreuzberg]
1966
Abriss Rheinlandhaus für Verlegung des Mehringdamms
Nach einem städtebaulichen Entwurf Hans Scharouns von 1962, der auf die Teilung Berlins reagierte. Der Durchgangsverkehr sollte an der Friedrichstraße vorbeigeführt werden, die nun an der Mauer endete.
Mit der Entstehung des Stadtquartiers am Mehringplatz im Sinne einer „bewohnbaren Stadtlandschaft“ zwischen 1968 und 1975 nach dem Entwurf von Werner Düttmann wurde die Friedrichstrasse im Süden von der alten Verbindung zum Mehringdamm getrennt und damit an beiden Enden zur Sackgasse.
Das Rheinlandhaus Ende der 50er Jahre in Vorbereitung für den Abriss
Michael Thomas Röblitz, Berlin-Kreuzberg, Impressionen aus alter Zeit
Die Reihe Archivbilder, S. 118 | Sutton Verlag 2009
© Sutton Verlag
1971
Denkmalschutz für das Kasernenensemble
2010
Insolvenz der Translag, Ende des Pachtvertrages
Bis heute gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen, ob das Vorkaufsrecht weiterhin gilt.
Oktober 2011
Damit ist der Weg frei für die BImA, das Areal zu verkaufen. Sie präsentiert das Gelände auf der Immobilienmesse ExpoReal in Müchen. Der Verkauf soll zeitnah im sogenannten Offenen Bieterverfahren realisiert werden.
Dezember 2012
Der Zuschlag für das Gelände geht an die mit mehr als 20 Mio. Euro höchstbietende ABR German Real Estate aus Hamburg.
September 2013
Auch die ehemalige Translag-Waschhalle an der Obentrautstraße, in der sich heute der LPG-Biomarkt befindet, ist nun unter Denkmalschutz gestellt, obwohl sie um 1927 errichtet wurde und damit nicht zum Originalbestand aus Kasernenzeiten gehört.
November 2013
Das öffentliche Dialogische Planungsverfahren des Vorhabens der ABR German Real Estate beginnt mit einer Auftaktveranstaltung.
Januar 2014
Der Investor ABR German Real Estate tritt wegen fehlender Planungssicherheit vom Kaufvertrag zurück. Nur die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes, der das Areal als Mischgebiet ausweist, sichert Investoren die Entwicklung mit hochpreisigen Wohnimmobilien.
Juni 2014
Die BImA eröffnet erneut das Höchstbieterverfahren.
Stichtag für die Abgabe des Angebotes ist der 31.07.2014.
Der Bezirk hat deutlich gemacht, dass kein Planungsbedarf besteht [alter Bebauungsplan gilt unverändert] solange die BImA am Höchstbieterverfahren festhält.
Oktober 2014
Arne Piepgras legt mit 36 Mio. Euro das Höchstgebot auf den Tisch. Er kündigt an, das Gelände für Gewerbe, Kunst, Kultur und Wohnen zu entwickeln. Teilweise soll parzelliert und weiterverkauft werden.
Die Zustimmung des Haushaltsausschusses des Bundestages steht zwar noch aus, ist aber aufgrund der Mehrheit von CDU und SPD sicher.
Februar 2015
Piepgras ist nur ein Zwischenverwerter und vermittelt nach einigen Querelen ’sein Angebot‘ an Herrn Dr. EbM, Geschäftsführer eines verschachtelten Firmenkonsortiums, dessen Zentrum die EPG Global Property Invest mit Sitz in Prag ist. Für das ehemalige Kasernengelände wird die Dragonerhöfe GmbH aus der Taufe gehoben. Piepgras ist mit 10% durch seine Gerichtstraße 65 GmbH daran beteiligt.
Dragonerhöfe GmbH
Geschäftsführer_innen
Dr. Werner Anton Ebm
Isabella Maria Ponta
[Arne Piepgras*]
Anteilseigner_innen
Firma European Property Group Holding AG mit 84.9%
Dr. Erik Steger mit 5.1%
Firma Gerichtsstraße 65 GmbH mit 10.0%
Die European Property Group Holding AG wird geführt von:
Martin Vincenz, Präsident, Einzelunterschrift
Dr. Werner Anton Ebm, Kollektivunterschrift zu zweien
Isabella Maria Ponta, Kollektivunterschrift zu zweien
Hinter dieser ganzen Konstruktion steht folgendes Unternehmen:
EPG Global Property Invest, Prag
und wieder:
Dr. Werner Anton Ebm, Vorstands- und Beiratsvorsitzender
Isabella Maria Ponta, Marketingvorstand und Beiratsmitglied
Bei beiden handelt es sich um die Firmengründer_innen
* Arne Piepgras konnte sich für den spekulativen Weiterverkauf seines BImA-Deals immerhin noch 10% an den ‚Dragonerhöfen‘ sichern – in Form der ‚Gerichtstraße 65 GmbH‘.
Juni 2015
Zwar haben die CDU- und SPD-Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages den Verkauf durchgewunken, doch der Finanzausschuss des Bundesrates hat die Entscheidung auf Drängen des Berliner Finanzsenators Kollatz-Ahnen bereits zwei Mal vertagt. Berlin verhandelt mit dem Bund über ein großes Paket von Wohnungen und Grundstücken, zu denen auch das ehemalige Kasernengelände gehören soll.
10. September 2015
Der Finanzausschuss des Bundesrates stimmt gegen den Verkauf an die Dragonerhöfe GmbH.
November 2015
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt startet mit einer Website offiziell die vorbereitenden Untersuchnungen [VU] mit begleitenden Informationen und Materialien.
08.12.2016
Erste Bürger*innenveranstaltung im Rahmen der VU zum Sanierungsgebiet.
30.01.2016
Bürger*innenwerkstatt im Rahmen der VU zum Sanierungsgebiet
05.07.2016
Der Senat beschließt die Ausweisung des Rathausblocks mit der ehemaligen Dragonerkaserne als umfassendes Sanierungsgebiet.
29.11.2016
Das Bundesfinanzministerium gibt bekannt, den Verkauf an die Dragonerhöfe GmbH rückgängig zu machen.
08.05.2017
Das Grundstück wurde an diesem Tag zwar im Rahmen des Bund-Berlin-Vertrags durch Geländetausch an Berlin übergeben – allerdings nur unter Vorbehalt. Wegen der angekündigten Klage der Dragonerhöfe GmbH sieht das Finanzministerium die Rückabwicklung noch in der Schwebe.
18.07.2017
Auftaktveranstaltung Bürger*innenbeteiligung Sanierungsgebiet Rathausblock
14.06.2019
Nach dem positiven Votum des Haushaltsausschusses des Bundetages stimmt der Finanzausschuss des Bundesrates als letztes Gremium für den Verkauf der ehemaligen Dragonerkaserne an das Land Berlin.
17.06.2019
Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen , dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der Berliner Immobilienmanagement, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WBM und der Zivilgesellschaft, bestehend aus dem Vernetzungstreffen der Initiativen und dem Forum Rathausblock.
Quellen
Geschichtslandschaft Berlin
Orte und Ereignisse
Band 5, Kreuzberg
III Tempelhofer Vorstadt
Brücker, Eva
Kaserne des 1. Garde-Dragoner-Regiments
Hrsg. Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue
Historische Kommission zu Berlin
1994, Nicolaische Verlagsbuchhandlung
Kunstamt Kreuzberg, Kreuzberg-Museum: „Die Zerstörung Kreuzbergs aus der Luft“ von Erik Smit, Dirk Thormann, Evthalia Staikos, Liste der Kreuzberger Firmen
Der Tagesspeigel, 16.03.2013
NS-Lager des Deutschen Reiches am Beispiel Mehringdamm
Luisenstädtischer Bildungsverein e.V.
www.luise-berlin.de